Unser Bootshaus ist Lübecker Kulturdenkmal
Das Bootshaus ist seit 2022 in die Liste der Kulturdenkmale in Lübeck eingetragen und steht seitdem unter besonderem Ensembleschutz im Kontext des traditionellen Gesamtensembles der historischen Lübecker Segelvereine am Wakenitzufer. Aus dem Bescheid der Hansestadt Lübeck (Denkmalpflege) vom 19.04.2022, Zitat: “Die Bootshäuser an der Wakenitz in Lübeck-St. Jürgen sind ein herausragendes Beispiel der Wassersporttradition im Lübecker Stadtgebiet” und von “besonderem geschichtlichem & städtebaulichem Wert”
Eintragung des Bootshauses in die Denkmalliste der Hansestadt Lübeck (Ensembleschutz)
Denkmalliste der Hansestadt Lübeck (Stand: 15.06.2023)
Zum Gebäude
Am 1. Mai 1914 wurde der Grundstein gelegt, am 1. August war Richtfest und schon im September 1914 wurden Messe und Bootshaus eingeweiht. Entsprechend der Bauzeichnung vom 7.2.1914 bestand das Bootshaus zunächst nur aus einem Mittelteil, der auf in den Boden gerammten Pfählen errichtet wurde. Der morastige Untergrund des Wakenitzufers erforderte eine Pfahlgründung. Außen wurde das Bootshaus mit überlappenden Brettern verkleidet. Im Erdgeschoss war der Lagerraum für die Boote, im Obergeschoss der Messeraum mit einem schmalen Balkon zum Wasser hin. Rechts und links davon war wiederum Lagerraum für Boote vorgesehen. Es gab eine Herrentoilette und eine Damentoilette. Der Raum für Tresen und Wirtschaft maß nur rund 7 qm.
Bis zum Jahre 1929 war die Anzahl der Boote so stark gewachsen, dass man Lagerflügel rechts und links anbauen musste. Erst zu diesem Zeitpunkt sah sich der Verein in der Lage, die notwendigen Materialien zu beschaffen. Der eigentliche Bau erfolgte durch Eigenarbeit und so erhielt das Bootshaus seine heutige Form. 1967 wurde eine neue, größere Küche gebaut, 1968 folgte die Modernisierung der Messe und die Verlagerung der Toiletten ins Erdgeschoss, 1975 wurde der Vorbau, der sogenannte Jugendraum, zur Wakenitz hin errichtet und im Erdgeschoss wurde eine größere Wohnung für die Wirtsleute eingebaut.
Die Messe
Die Messe war in erster Linie Versammlungsraum. Sie war aber auch Ballsaal für viele Vereinsfeste. In ihr wurden Geburtstage, Hochzeiten, Sparclubfeste, Jubiläen usw. gefeiert. Der Stammtisch sah viele Mitglieder zum Feierabendbier oder sonntäglichen Frühschoppen und am Skattisch wurden viele Runden gekloppt. Die Vertäfelung der Wände und die hölzerne Decke wurden von den Mitgliedern in Eigenarbeit hergestellt. Die Messe war mit vielen Gegenständen und Bildern geschmückt, die von Mitgliedern gestiftet waren, so z.B. ein großes Bild von den 15er Rennjollen, das vorher in der Schiffergesellschaft zu Lübeck hing. Es gab auch mal ein elektrisches Klavier und Vereinsmitglieder, die zum Tanz aufspielen konnten. Aber auch Modellboote wurden hier von der Jugendgruppe gebaut um dann auf der Wakenitz in Regatten gegeneinander anzutreten.
Die Messe wurde von vielen Wirtsleuten bewirtschaftet, lange Zeit wurde die Messe von einer 3-köpfigen Wirtschaftskommission verwaltet, die mit den jeweiligen Wirtsleuten Einnahmen und Ausgaben abrechnete.
Lagerraum
Nach der Bauzeichnung waren die Bodenräume links und rechts der Messe auch als Bootslager vorgesehen. Ob und wie viele Boote dort gelagert wurden, lässt sich nicht mehr feststellen. Weil es früher nur Holzboote gab, war der Bedarf an Lagerraum entsprechend groß. Nach den Auskünften der ältesten Mitglieder waren zeitweise bis zu sieben 20er Jollenkreuzer, fünf 15er Jollenkreuzer, sieben 20er Rennjollen, zehn 15er Rennjollen, 14 Finn, 10 O-Jollen, viele Piraten und andere Boote unterzubringen. Das bedeutete, dass alle Jollen über den Dickschiffen in bis zu 3 Lagen übereinander in die Hängen unter der Decke gehievt und untergebracht werden mussten. Hinter der Küche war ein Schrankboden, zu dem direkt eine Treppe führte, die im Herbst ausgehängt wurde, um unten Platz für Boote zu haben.
Bei so vielen Booten war die Auslagerung nicht an einem Tag möglich! Die unten liegenden mussten mindestens 14 Tage vor dem Anfahren raus, damit die Boote aus den Hängen noch bearbeitet werden konnten. Weil auch das nicht reichte, wurde 1968 ein Blechschuppen in den Maßen 9 x 21 m zur Wasserseite angebaut. Mit dem Aufkommen und der Verbreitung von Kunststoffbooten wurde dieser dann wieder entbehrlich.
Werft
Viele Vereinsmitglieder kamen aus dem Holz verarbeitenden Gewerben. Außerdem waren die finanziellen Mittel etlicher Mitglieder beschränkt, der SC Hansa war ja ein klassischer Arbeiterverein. So lag es nahe, dass auch viele Boote im Eigenbau im Bootshaus entstanden. Nach der Auslagerung wurde mit dem Bau begonnen und zur Einlagerung mussten die Boote zu mindestens lagerfähig fertig sein. Etliche Jollenkreuzer, Rennjollen und Piraten wurden so im Bootshaus von den Mitgliedern selber gebaut. Aber auch die Wochenendhäuser für den Aufbau auf Schanzenberg am Ratzeburger See wurden im Bootshaus vorgefertigt und dann nach Schanzenberg transportiert.
Wohnung
Aus der Bauzeichnung nicht ersichtlich da eventuell später eingebaut, war neben dem Eingang auf der Straßenseite ein kleiner Wohnraum, der bis in die 50er Jahre bewohnt wurde. Der 1975 erfolgte Einbau einer größeren Wohnung sollte der Gewinnung von Wirtsleuten dienen, wurde aber von diesen nur gelegentlich zum Übernachten und als zusätzlicher Lagerraum genutzt. Heute ist in der ehemaligen Wohnung eine Segelschule mit ihren Schulungsräumen ansässig.
Besatzungszone
Weil die überwiegende Zahl der Mitglieder, um es parteipolitisch auszudrücken “rot” war, wurde das Bootshaus 1933 enteignet und von den Nazis der Eigenverwaltung des Vereins entzogen. Ab 1938 durften die SCH Mitglieder unter Naziführung das Bootshaus dann wieder nutzen. 1945 requirierten dann die Engländer das Bootshaus, das sie erst 1948 in schlechtem Zustand zurückgaben. Vielleicht erinnerte das Wort Club im Vereinsnamen die Engländer an ihre Heimat und hat sie eventuell dazu veranlasst, im Bootshaus des SCH mit den dort vorgefundenen Booten den „British Lübeck Yacht Club“ zu gründen.
Zeit bis heute
Die Reparatur des durch die Engländer stark vernachlässigten Bootshauses konnte mit viel Engagement und Eigenarbeit zum 50. Jubiläum des Vereins geschafft werden. Ab 1949 erfolgte eine zunehmende Verlagerung des Segelns zum Schanzenberg am Ratzeburger See, womit sich auch die Bedeutung des Bootshauses zu wandeln begann. Heute dient es zwar immer noch als Winterlager, vorwiegend für die noch verbliebenen Holzboote, Kunststoffboote werden überwiegend im Freien gelagert. Jedoch lässt sich mittlerweile kaum noch erahnen, welche Enge hier mal mit den vielen eingelagerten Booten geherrscht haben muss. Es ist allerdings noch immer der alte Erdboden erhalten, welcher vorzügliche Lagerbedingungen für die Holzboote gewährleistet.
Im Sommer erfolgt die Belebung des Geländes hauptsächlich durch die ansässige Segelschule. Und auch die Bedeutung der Messe im Bootshaus hat sich geändert, die Messer als Treffpunkt der in der Nachbarschaft wohnenden Mitglieder hat ausgedient. Das Freizeitverhalten hat sich über die Jahre einfach geändert. Die Wirtsleute konnten sich nicht mehr halten und so wurde im Jahre 2018 nach einer neuen Nutzung der gesucht.
Seit 2019 kann das Bootshaus für Events gemietet werden.
Siehe Eventlocation
Text: Jens Heitmann, Ernst Erdmann, Steffen Thiemann